Eingabewerte und Ergebniswerte
1. Unter dem Dropdownfeld „Zugtype“ kann der Bediener einen Zug auswählen, für welchen einige verschiedene physikalische Parameter hinterlegt sind. Diese Auswahl ist im Sinne unseres Neutralitätsprinzips bewusst allgemein gehalten. Man erkennt das daran, dass beispielsweise keine konkreten Baureihen oder Herstellertypen referenziert werden. Die allgemeinen angelegten Zugtypen beziehen sich aber auf standardmäßige und in Europa stark vertretene und moderne Zugtypen, sodass diese als repräsentativ gelten. Mit der Auswahl der Zugtype werden die Zuglänge, die Höchstgeschwindigkeit, das Zuggewicht sowie konkrete Zugkraft- und Widerstandsprofile in Abhängigkeit der gefahrenen Geschwindigkeit festgelegt.
2. Das Auswahlfeld Auslastungsgrad zahlt auf das Zuggewicht ein. Hier gibt es vier Abstufungen, und zwar vom Leerzug bishin zu einem voll ausgelasteten Zug.
3. Das resultierende Zuggewicht ist in Tonnen angegeben und hat vielmehr informativen Charakter, sodass der Bediener seine Eingaben nochmal überprüfen kann. Es hängt von der Zugtypenauswahl und dem Auslastungsgrad ab.
4. Die mittlere Steigung oder Neigung wird gemäß der bahntechnischen Planung in Promille angegeben. Hier sind Werte zwischen -40 Promille (Neigung) bis +40 Promille (Steigung) erlaubt.
5. Mit der Ausreizung der technischen Zugkraft ist gemeint, dass die zur Verfügung stehende Zugkraft vom Fahrpersonal nicht zu hundert Prozent genutzt werden muss. Bei einer Fahrzeitplanung lohnt es sich hier, einen Abschlag im Sinne einer erhöhten Praxisorientierung vorzunehmen. Der zulässige Wertebereich liegt zwischen 0,5 und 1,0.
6. Die Startgeschwindigkeit, angegeben in Kilometer pro Sekunde, ist die Geschwindigkeit mit der Zug vor seinem Beschleunigungsvorgang startet.
7. Die Zielgeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit, welche der Zug nach seinem Beschleunigungsvorgang erreichen soll.
8. Der resultierende Beschleunigungsweg ist der gesuchte Weg in Metern, den der Zug für seinen Beschleunigungsvorgang zurücklegt.
9. Die Beschleunigungszeit ist die gesuchte Zeit in Sekunden, die der Zug für seinen Beschleunigungsvorgang benötigt.
Physikalische Annahmen
Die Berechnung der Beschleunigung kann nur mit vielen Annahmen durchgeführt werden, weil an diesem fahrdynamischen Vorgang viele physikalischen Einflüsse vorherrschen. Es sind folgende physikalischen Annahmen und Vereinfachungen unterstellt:
- Die Kraftschlussgrenze ist die maximale mögliche Zugkraft, die gerade noch ein Durchdrehen der Räder beim Anfahren verhindern. Beispielsweise ist sie bei schlechtem Schienenzustand niedriger. Deswegen kann sie in der Realität z.B. witterungsbedingt abweichen.
- Die Zugkraftkennlinie ist beim Beschleunigungsrechner nur in Form eines diskontinuierlichen Datensatzes und nicht in Form einer kontinuierlichen Kennlinie hinterlegt. Dabei kann es geringe Abweichungen durch die Berechnung geben.
- Die Maximalgeschwindigkeit ist fahrzeugtechnisch reguliert. Z.B. durch Ungenauigkeiten in der Odometrie oder durch ein Gefälle können Geschwindigkeiten darüberhinaus erreicht werden.
- Bei der Widerstandskennlinie kann es viele Abweichungen geben. Ein einfaches Beispiel hierzu ist der Luftwiderstand, der je nach Wetterlage anders sein kann. Hier sind ebenso idealisierte Kennlinienwerte unterstellt, die einen Standard repräsentieren. Aus der Widerstandskennlinie und der Zugkraftkennlinie kann dann auf die geschwindigkeitsabhängige Beschleunigungskennlinie geschlossen werden, die alle genannten Abweichungsmöglichkeiten in sich bergen.
Formeln und Herleitung der geschwindigkeitsabhängigen Beschleunigung
Aus der Kennlinie (1) lässt sich die Beschleunigung, ebenso als Kennlinie in dem besagten Intervall errechnen. Dabei wird der Zugkraftüberschuss um einen Ausreizungsfaktor gemindert, sodass nur der vom Fahrpersonal genutzte und abgerufene Kraftwert in die Rechnung mit eingeht (7).
Die entsprechende newtonsche Grundformel nach der Beschleunigung aufgelöst, ergibt dann (8).
Um alle Formeln zum Beschleunigungsweg und zur Beschleunigungszeit sauber herleiten zu können, muss man sich an den vorherrschenden physikalischen Kräften einer Zugbeschleunigung orientieren: Der sogenannte Zugkraftüberschuss ist die übrig bleibende Restkraft, die sich aus den Motorenkräften des Zuges und den entgegenwirkenden Widerständen am Zug ergeben (1).
Die Motorenkräfte selbst sind beim Beschleunigungsrechner für jede Zugtype separat hinterlegt, und zwar als Zugkraft – Geschwindigkeitskennlinie (2). Die Kennlinie selbst ist in Geschwindigkeitsintervalle unterteilt, welche die Intervallbreite von 2,78 m/s haben (6). Das entspricht 10 km/h.
Ebenso sind die Widerstandskräfte hinterlegt. Sie beinhalten die in der Bahntechnik üblichen Kräfte wie Walkwiderstand, Reibungswiderstand, Luftwiderstand und die Widerstände durch rotierende Massen. Nicht enthalten ist der Steigungswiderstand, der separat in der Berechnungsmechanik des Beschleunigungsrechners berücksichtigt ist (3).
Der Steigungswiderstand beträgt den Sinuswert vom Steigungswinkel multipliziert mit der Gravitationskraft. Erstere wiederum kann über den Arcustangens aus der Tangentensteigung, angegeben in Promille, errechnet werden (4). Letztere berechnet sich durch die Erdbeschleunigung multipliziert mit der Gesamtmasse des Zuges (5).
Alle Zwischenergebnisse miteinanderer verknüpft und in (1) eingesetzt, ergibt eine Kennlinie, welche den Zugkraftüberschuss beschreibt.
Formeln und Herleitung der Beschleunigungszeit und des Beschleunigungsweges
Die Berechnung des Beschleunigungsweges geht aus der Berechnung der Beschleunigungskennlinie in (8) hervor. Doch bevor auf diese zuvor ermittelte Kennlinie zugegriffen wird, müssen eine neue, andere Iteration durchgeführt werden und hergeleitet werden: Es ist die Iteration nach der Zeit mit dem Intervall 1, welche für eine Sekunde steht (10). Innerhalb eines Iterationsschrittes ist die Beschleunigung konstant. Die Formel (9) enthält also kein t innerhalb eines solchen Iterationsschrittes.
Diese konstante Beschleunigung nach der Zeit integriert ergibt die Geschwindigkeit und somit die Formel (11). Diese abermals integriert nach der Zeit ergibt dann die allgemeine Beschleunigungswegformel (12).
Dann gelten die entsprechenden Anfangsbedingungen: Weg und Geschwindigkeit sind jeweils 0 (13). Die Anfangsbeschleunigung (14) entspricht dem ersten Iterationswert der Beschleunigungskennlinie aus (8).
(10) in (11) vereinfacht die iterative Berechnung (15). In dieser Iteration gilt als unbekannter Wert der zeitabhängige Beschleunigungswert. Dieser Wert ist übver die geschwindigkeitsabhängige Beschleunigungskennlinie abzulesen. Deswegen wird die zeitabhängige Geschwindigkeit mit der Geschwindigkeitsiteration aus (8) verglichen, und dann der entsprechend richtige Beschleunigungswert (16) in die zeitabhängige Formel von (15) gesetzt.
Das Analoge gilt für die Formel in (12), sodass daraus (17) folgt. Damit sind der Beschleunigungsweg berechnet, sobald die Iteration den entsprechenden Geschwindigkeitswert erreicht. Der Ergebniswert aus (15) steuert sozusagen die Iteration.
Die Beschleunigungszeit selbst ist dann mit dem Ende der Iteration am entsprechenden Iterationsschritt abzulesen (19).